Saline Salzderhelden

Industriedenkmal

Bereits im 12. Jahrhundert wurde im alten Ortskern von Salzderhelden aus einem Brunnen etwa 4- bis 6‐prozentige Sole geschöpft und in 15 Salzkoten zu Salz gesiedet.

Aufgrund häufiger Produktionsausfälle durch Hochwasser der Leine wurde durch die neu gegründete Salzgewerkschaft im Jahr 1757 die Saline auf dem jetzigen vor Hochwasser geschützten Standort erbaut.

Die seit 1586 existierende Wasserkunst zwischen Mühlengraben und Brunnenhaus (265 m lang) wurde bis zum neuen Standort verlängert und pumpte weitere 100 Jahre die Sole zur neuen Saline.

Auf dem mehrere Hektar großen Flurstück entstanden nach und nach 2 Bohrtürme, 7 Siedehäuser mit 9 Salzpfannen (ca. 500 m2 Siedefläche), 3 Solebehälter, Lagerhäuser, ein Maschinenhaus sowie Wohnungen für die Bediensteten.

Ein seit 1693 bestehendes Gradierwerk wurde bis zum neuen Standort auf 460 m verlängert. Nach der erfolgreichen 1. Tiefbohrung im Jahr 1859 konnte aus 380 Meter Tiefe 26‐prozentige Sole gefördert werden. Das Gradierwerk wurde somit entbehrlich. Es wurde abgebaut und aus dem Holz wurden die Solebehälter errichtet.

Die Salzproduktion wurde 1963 eingestellt. Bis 1994 wurde noch Sole für die Wannenbäder des 1852 eröffneten Solbades gefördert. Heute ist von den Gebäuden nur der Bohrturm II, der Solebehälter, das Badehaus sowie das Bedienstetenwohnhaus erhalten, alle anderen Anlagen wurden abgerissen.

Nach einer baulichen Sanierung des Bohrturms 2009/2010 durch die Stadt Einbeck setzte sich der Kultur‐Förderkreis Salzderhelden für den weiteren Erhalt des Industriedenkmals ein und schloss mit der Stadt Einbeck einen Nutzungsvertrag ab.

Die alte Technik von 1884 wurde mit viel Eigenleistung und erheblichen Fördermitteln aufwändig restauriert und funktionsfähig gemacht. Zu Schauzwecken wird mit dieser Technik wieder Sole gefördert und mit dem Nachbau eines alten Siedeofens zu Salz gesiedet.

Bohrturm II

Nach der ersten Tiefbohrung im Jahr 1857 wurde 1882 eine zweite Bohrung niedergebracht, um die Salzproduktion zu steigern, zumal die Ergiebigkeit von Bohrloch I gesunken war.

Wie etliche andere Salinen auch, stellte die Salzderheldener Saline die Salzproduktion in den 1960er Jahren ein. Sole wurde im Bohrturm II nur noch für Wannenbäder des 1852 eröffneten Solbades gefördert. Nachdem 1994 auch der Badebetrieb eingestellt wurde, ruhte der Betrieb auf der Saline endgültig.

Nahezu alle Produktionsgebäude der Saline wurden bereits nach Einstellung der Salzproduktion abgerissen. Neben dem Solebehälter blieb nur noch der Bohrturm II aus dem Jahr 1884 einschließlich der alten Technik jener Zeit bis heute erhalten.

Die Transmission dient zum einen dem Antrieb der Sole‐Förderanlage und zum anderen dem Antrieb der Seilwinde für das Bergen und Absenken des Bohrgestänges während der jährlichen Instandhaltungsarbeiten. Während im Bohrturm I der Gestängewechsel zunächst weiterhin noch mit Menschenkraft und Hamsterrad durchgeführt werden musste, konnte ab 1860 die neu angeschaffte Dampfmaschine eingesetzt werden.

Nur 60 Jahre dauerte das Zeitalter der Dampfmaschine, denn 1920 hielt die Elektrizität Einzug in die Saline. Von nun an wurden Förderanlage und Seilwinde von 2 Elektromotoren angetrieben. Diese alte Technik, die Förderanlage von 1884 sowie die Elektromotoren von 1920, wurden von engagierten Mitgliedern des Kultur‐Förderkreises Salzderhelden in vielen Arbeitsstunden restauriert und wieder zu Laufen gebracht.

Dank finanzieller Zuwendungen durch die Bingo‐Umweltstiftung, VR‐Stiftung der Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie der Kultur‐ und Denkmalstiftung Landkreis Northeim ist der Verein in der Lage, mit der alten Technik Sole zu fördern und mit dem Nachbau eines alten Siedeofens diese Sole zu Salz zu sieden.

Schwerpunkt jeder Führung ist der Bohrturm mit seiner alten Technik und der kleinen integrierten Ausstellungsfläche.

Am Nachbau eines mittelalterlichen Siedeofens erhält der Besucher einen Einblick in die damalige Arbeitswelt der Salzsieder und kann sich auch selbst als Salzsieder an der Siedepfanne versuchen.

  • Saline Salzderhelden: Bohrturm
  • Saline Salzderhelden: Bohrturm
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  • Saline Salzderhelden: Bohrturm
  • Saline Salzderhelden: Bohrturm
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Der Solebehälter

Hinter der scheunenartigen Fachwerkfassade verbirgt sich ein in der Mitte unterteilter hölzerner Solebehälter (in den alten Akten als Reservoirhaus bezeichnet) mit einer Gesamtlänge von 26,5 m.

Bei einer Breite von 7,20 m und einer Füllhöhe von 2,30 m hat der Solebehälter ein Fassungsvermögen von 440 Kubikmeter Sole.

Ruhend auf einem 6‐streifigen Sandsteinfundament wurde der Behälter etwa 1862 aus dem Holz des Gradierwerks errichtet, welches nach der erfolgreichen Tiefbohrung und Förderung von nahezu gesättigter Sole (ca. 26%) seit 1859 überflüssig geworden war. An den Balken mit ihren Zapfen und Nuten ist erkennbar, dass sie bereits gebraucht verbaut wurden und somit mittlerweile ein Alter von über 300 Jahren erreicht haben.

Über der Behälterkonstruktion befindet sich im Giebel des Gebäudes die Arbeitsebene der ehemaligen Salinenarbeiter. Sie regelten von dort aus die Versorgung der Siedehäuser, denen die Sole vom Behälter aus durch unterirdisch verlegte hölzerne Rohrleitungen zugeleitet wurde.

Seit 2011 besteht die Möglichkeit, eine Hälfte des Behälters auch im Innenbereich zu besichtigen. Dem Betrachter bietet sich hier ein nahezu einmaliger und auch einzigartiger Eindruck von der Holzbauweise vergangener Jahrhunderte.

Wie der Bohrturm steht auch der Komplex Solebehälter unter Denkmalschutz.

Sünden früherer Erhaltungsmaßnahmen durften sich nicht wiederholen (Ziegelbehang der Giebel). Die noch sichtbare Fachwerkfassade wurde von einer Fachfirma saniert, die hervorstehenden Balkenköpfe mit handgefertigten Zinkblech-Abdeckungen von einem Dachdeckermeister vor weiterer Verwitterung geschützt.

  • Saline Salzderhelden: Solebehälter
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  • Saline Salzderhelden: Solebehälter
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Die Wasserkunst von 1586

Musste in den ersten Jahrhunderten der Salzderheldener Soleförderung die Sole noch per Hand oder einfachen Hebevorrichtungen mit Eimern geschöpft werden, konnten mit der 1586 in Betrieb genommenen Wasserkunst (auch als Kunst‐ oder Feldgestänge bezeichnet) die ersten primitiven Pumpen zur Förderung der 4 ‐ 6%igen Sole angetrieben werden.

Vom Wasserrad im Mühlengraben wurde über die 265 Meter lange hölzerne Konstruktion die Wasserkraft zu den Pumpen des Solebrunnens übertragen.

Mit dem Bau der neuen Saline „Auf dem Flamke“ im Jahr 1757 wurde die Wasserkunst bis zum neuen Gelände verlängert und hatte nunmehr eine Feldlänge von 620 m. Mit weiteren 320 m für den Pumpenbetrieb des Gradierwerks erreichte die Salzderheldener Wasserkunst eine Gesamtlänge von 940 m. So innovativ diese Fördertechnik zu jener Zeit war, hatte sie jedoch auch einige Schwachpunkte. Zum einen war die hölzerne Anlage konstruktions‐ und materialbedingt sehr reparaturanfällig, zum anderen kam es durch das Hochwasser der Leine häufig zu längeren Ausfallzeiten.

Erst 1860 mit der Inbetriebnahme einer Dampfmaschine war man von der Wasserkunst nicht mehr so absolut abhängig wie in den vergangenen Zeiten.
Endgültig abgebaut wurde die Anlage nach fast genau 300‐jährigem Betrieb im Jahr 1885.

Nachsatz: Die wahrscheinlich einzige noch in Betrieb befindliche Wasserkunst in Europa steht in Bad Kösen (Sachsen‐Anhalt). Mit einer Länge von 180 m verbindet sie das Wasserrad einer Mühle an der Saale mit der Solepumpe im Bohrturm.

Der Begriff Wasserkunst ist eine der vielen spezifischen Bezeichnungen aus der „Familie“ der Kunstgestänge/Stangenkünste. Je nach Zweck und Anwendungsgebiet trifft man auf spezielle Bezeichnungen wie Hubgestänge im vertikalen Einsatz (Fahrkünste im Bergbau).

Um die Antriebskraft des Wasserrades über eine lange Strecke auf das vertikale Hub-/Pumpgestänge zu übertragen, musste in Salzderhelden ein Feldgestänge dazwischen gebaut werden.

Bereits im Mittelalter haben die Erfinder und Konstrukteure derartiger Anlagen die besondere technische Herausforderung gelöst, aus der Drehbewegung des Wasserrades mittels speziell geformter Gestängeteile eine Richtungsumkehr in die Pendelbewegung des Feldgestänges zu erzielen und umgekehrt, am Ende des Feldgestänges durch ein Kunstkreuz die Pendelbewegung auf die vertikale Bewegung des Pumpgestänges abermals umzukehren.

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Das ehemalige Gradierwerk

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts verbreitete sich eine Methode zur Produktionssteigerung, die das Salinenwesen bis ins 19. Jahrhundert prägen sollte: der Einsatz von Lecke‐ und Gradierwerken.

Die in Holzständerbauweise errichteten Anlagen wurden als Rieselfläche mit Schwarzdorngebüsch ausgefüllt.

Diese Holzart bildete mit seiner feinen Verästelung die besten Voraussetzungen für einen optimalen Verdunstungsprozess der Wasseranteile einer niedrigprozentigen Quellsole (meist so um 5%). Die Verrieselung wurde so oft wiederholt, bis der Salzgehalt auf etwa 25 % angestiegen war. Salinen, die frühzeitig diese neue Produktionstechnik anwandten, sparten auf diese Art und Weise beim Siedevorgang viel Zeit und Energie.

Es sollte jedoch noch rund 100 Jahre dauern, bis auch die Saline Salzderhelden über eine solche Anlage verfügte. Zwar waren sich die Salzderheldener Pfänner bereits 1653 bewusst, dass ein Gradierwerk von großem Vorteil wäre, der Baubeginn verzögerte sich jedoch aus verschiedenen Gründen bis zum Jahr 1692. Da kommt die Frage auf, wie eine in der Fördertechnik (Wasserkunst) so fortschrittliche Saline in der Produktionstechnik so zögerlich und damit rückständig sein konnte. Einer der Hauptgründe dürfte in den internen Streitereien innerhalb der Pfännerschaft selbst sowie langwierigen Streitigkeiten mit der Regierung sein.

Weiterhin hatte der Wiederaufbau der Siedehäuser nach den Plünderungen und Zerstörungen während des 30‐jährigen Krieges (1618 bis 1648) die Pfänner viel Geld gekostet und so wurde ein zeitnaher Baubeginn eines Gradierwerkes aus finanziellen Gründen als nicht durchführbar angesehen.

Trotz aller nach wie vor bestehenden finanziellen Probleme entschloss sich die Pfännerschaft 1692, endlich ein Gradierwerk zu bauen. Bei einer Länge von 112 m merkte man aber schon bald nach der Fertigstellung, dass die Anlage für die Anzahl der Siedepfannen nicht ausreichte. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurde das Gradierwerk mehrfach verlängert.

Im Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) wurde die Anlage stark beschädigt und bereits 1762 abgerissen.

Die 1757 neu erbaute Saline „Auf dem Flamke“ wurde wegen der Altschulden aus den letzten beiden Großkriegen bald darauf an den König von Hannover verpachtet (erst 1850 entschloss sich die Pfännerschaft, die Saline wieder selbst zu verwalten). Unter der neuen staatlichen Verwaltung wurde ein neues Gradierwerk gebaut, das in den Folgejahren ständig erweitert wurde und letztendlich eine Länge von 460 m hatte.

Nach der ersten erfolgreichen Tiefbohrung im Jahr 1859 konnte aus 380 m Tiefe 26‐prozentige Sole gefördert werden. Damit wurde das Gradierwerk entbehrlich. Es wurde abgebaut und aus den Balken wurden die Solebehälter errichtet.

Am Modell des ehemaligen Salzderheldener Gradierwerks erhält der Besucher interessante Informationen über die abwechslungsreiche Geschichte sowie über die Bauweise und Funktion des Gradierwerks.